„Unheimlich aufgeregt“, ist Xenia Schmähling beim Fototermin am Montag, 10. Mai, im zweiten Stock der Gewerblichen Schule Tübingen. Verständlich, denn in wenigen Minuten beginnt die Abschlussprüfung der 24jährigen. Dann muss sie einen Deutschaufsatz schreiben, und anschließend die Wirtschaftskundeprüfung, die bei vielen Schülern als besondere Hürde gilt.

Mit der Praxisprüfung am 6. Juli endet dann ihre Ausbildung und damit auch ihre Zeit an der Gewerblichen Schule Tübingen. Xenia Schmähling lernt seit September 2018. Fleischereifachverkäuferin bei der Firma Oskar Zeeb in der Filiale Derendingen, nur einen Katzensprung von der Schule entfernt. Kurze Wege sind für sie wichtig, denn sie ist Mutter einer fünfjährigen Tochter, die derzeit in den Kindergarten geht. Ihr Betrieb hat sie für die Auszeichnung „Lehrling des Monats“ der Handelskammer Reutlingen gemeldet, für den sie im Monat April nominiert wurde. „Mit der Auszeichnung zum „Lehrling des Monats“ will die Handwerkskammer den Vorbildcharakter von jungen Erwachsenen hervorheben“ sagt Karl-Heinz Goller, Leiter der Abteilung Ausbildung bei der Handwerkskammer in Reutlingen. Gesucht würden junge Persönlichkeiten, die in besonderer Weise geeignet seien, Vorbild für andere Lehrlinge und „Werbeträger“ für eine handwerkliche Ausbildung zu sein. Ein Ausbildungsberater der Handwerkskammer überprüfe die von den Betrieben gemeldeten Kandidatinnen und Kandidaten anschließend und spreche mit Ausbildern und Auszubildenden vor Ort. Danach würden die Auszeichnungen festgelegt.

50 Euro und eine Urkunde hat Xenia von der Handwerkskammer erhalten, die seit rund vier Jahren diese Rubrik auf ihrer Homepage prämiert, und nur „positive Rückmeldungen“ dafür erhalten habe. „Das ist auch Werbung für den Betrieb“, so Karl-Heinz Goller.

Xenia Schmähling ist außergewöhnlich durch ihre Doppelbelastung als Lehrling und Mutter, ihre Zuverlässigkeit wird vom Betrieb gelobt. „Das schaffe ich nur wegen der Unterstützung meines Freundes und meiner Schwiegermutter“, sagt Xenia Schmähling. Bereits ihr Vater hat in Dorndorf/Thüringen in einer Fleischerei gearbeitet und nebenbei Hauschlachtungen gemacht. Nach der Realschule hat die junge Mutter dann die Lehrstelle angeboten bekommen. „Ich bin mit Tieren aufgewachsen“, sagt sie. Der Beruf gefalle ihr, bei der Firma Zeeb schätze sie, dass man wisse, dass „die Tiere gut behandelt“ würden. Nach der Lehre wird sie übernommen.

Auch im Monat Mai ist ein Schüler der GST ausgezeichnet worden: Manuel Krohmer aus Urach ist im zweiten Jahr der Ausbildung als Schreiner und Lehrling der Firma Schwörer. Er hat nach dem Abitur die Lehre begonnen, nebenher spielt er Handball bei der HSG Ermstal und trainiert dort eine Jugendmannschaft. In der Kirchengemeinde Hülben arbeitet er außerdem in der Kinderkirche mit und sorgt als Schlagzeuger bei Gottesdiensten und Konzerten des Jugendchors für die musikalische Begleitung. Bianca Loock-Hummel, Ausbildungsleiterin der Firma Schwörer, schätzt ihren Auszubildenden auch wegen dieses Engagements über die Ausbildung hinaus, wie sie auf der Homepage der Handwerkskammer zitiert wird: „Manuel bringt mit seiner Zuverlässigkeit und seinem Verantwortungsbewusstsein wichtige Eigenschaften für ein solches Amt mit“ .

Im Bezirk der Handwerkskammer Reutlingen werden von 13.500 Handwerksbetrieben zurzeit über 4.500 Lehrlinge ausgebildet. Karl-Heinz Goller ist insgesamt zuversichtlich, dass trotz Corona-Krise die Zahl der Ausbildungsverträge weiter steigen wird. „Im Handwerk geht’s immer dann gut, wenn alle anderen schwächeln“, weiß der 58jährige. „Wenn die Industrie ihre Ausbildung zurückfährt, ist es bei uns besser.“