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Ein Faulbaum für den Zitronenfalter


„Der Faulbaum ist eine wichtige Raupenfutterpflanze“, sagt Isabel Möhrle, Kreisfachberaterin für Obst und Gartenbau. Zitronenfalter und Faulbaum-Bläuling seien die wichtigsten von insgesamt 28 Schmetterlingsarten, die den zwei bis sieben Meter hohen Strauch als Habitat nutzten. Der Faulbaum blühe von März bis Juni, sei wichtig für Bienen und Hummeln und im Winter würden die kleinen, roten Beeren gerne von Vögeln gefressen.

Ein junger Busch ist am Dienstag, 30. November, im Garten der Gewerblichen Schule Tübingen gesetzt worden, genau vor die Klassenzimmer der beiden zehnten Klassen.

Pflanzung eines Faulbaums

Joachim Löckelt, Obstbauberater im Landkreis, lobt die Schülerinnen und Schüler der GST (Foto zweiter von links): „Wir brauchen Leute vor Ort.“ Gemeinsam mit Ihren Lehrerinnen Katharina Strasser und Carmen Becker hatte die Klasse von dem Biodiversitätsprojekt des Landkreises gehört und sich um einen Setzling bemüht. Joachim Löckelt hofft, dass dieser Strauch nur der Beginn einer größeren Umgestaltung des Schulgeländes ist.

Der Faulbaum ist auf jeden Fall ein erstes, sichtbares Produkt des Projektes „Frei-Day“, bei dem zwei Klassen der Gewerblichen Schule Tübingen seit diesem Schuljahr vier Stunden pro Woche mit Umweltprojekten beschäftigt sind. Dazu gehört auch das Projekt „Gelder für Wälder“, das mit Hilfe von Flaschen-Sammelaktionen und Kuchenverkauf Geld für Bäume sammelt.

„Wir unterrichten seit über 20 Jahren Klimawandel, und trotzdem rennen viele Schüler jede Pause in den Aldi und kaufen in Plastik verpackte Lebensmittel. Die Plastikverpackungen säumen dann häufig den Weg zwischen Aldi und Schule“, sagt Carmen Becker über ihr Motiv, das Projekt „Frei-Day“ in einer VAB-Klasse und einer Klasse zehn umzusetzen: Jetzt gehe es um unser Überleben, ein Kurswechsel sei unumgänglich.

Das Konzept des Frei-Day sieht vor, dass mindestens vier im Stundenplan fest verankerte Stunden an Projekten gearbeitet wird, jahrgangsübergreifend und mit bewusstem Verzicht auf Noten. „Die Schüler dürfen einen Tag in der Woche an Themen arbeiten, die an den 17 Nachhaltigkeitsziele der UNO ausgerichtet sind“, sagt Becker. In diesen Zielen, sehr treffend „the largest lesson“ genannt, sind die drängendsten Probleme der Menschheit zusammengefasst. Da geht es beispielsweise um Maßnahmen des Klimaschutzes, um die Bekämpfung von Armut und Ungleichheit, um Gesundheit und Wohlergehen. Die Fragestellung, die den Schülern hilft, potentielle Projekte zu finden, lautet: „Was kann ich hier und heute tun, um lokal, regional oder global die Welt ein bisschen besser zu machen?“

Wenn Schüler einer zehnten Klasse des Technischen Gymnasiums den Schülern der VAB-Klasse (ehemalige Flüchtlinge) Mathenachhilfe in Partnerarbeit geben, dann würden gleich mehrere dieser Nachhaltigkeitsziele erfüllt, glaubt Becker. Ungleichheit werde vermindert, Zugang zu hochwertiger Bildung ermöglicht und die Wertschätzung, die durch die Kooperation entsteht, führe auf beiden Seiten zu Gesundheit und Wohlergehen.

Weitere Projekte könnten jede Art von Upcycling sein, um aus der automatisierten Gewohnheit des Wegwerfens auszusteigen und ein Bewusstsein für zirkuläres Wirtschaften zu entwickeln. Die Klasse TG 9 repariert beispielsweise im Technikunterricht gerade kaputte Fahrradschläuche und versucht, sie anschließend für wenig Geld wieder zu verkaufen.

Die 54jährige Oberstudienrätin hofft, dass ihr Beispiel Schule macht und das Projekt zumindest in der Vollzeitschule der GST zum Standard wird, am liebsten stufenübergreifend. „Dadurch könnte sich Schule verändern“, ist sie überzeugt. „Es entstehen Freiräume für Lehrer, in denen sie kooperieren und die Rolle des Lernbegleiters einüben können.“ Das sei nicht einfach, denn es gehe darum, „die Verantwortung bewusst bei den Schülern zu lassen“.

Doch noch laufe nicht alles glatt: „Wir hatten einen holprigen Start,“ sagt Becker selbstkritisch. Das ursprüngliche Ziel, VAB- und TG-Klasse zeitgleich im Projekt zu integrieren hätten die teilnehmenden Lehrer vorläufig aufgehoben. „Wir lernen gerade viel dazu! Manche Schüler sind sehr reif und können sich gut organisieren, andere brauchen noch viel Zuwendung und Hilfestellung“, so Becker.

 
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